Zu den Tugenden des Widerstandes
von Redaktion
Feuer prüft das Gold, das Unglück den Starken – Seneca
Die derzeitige Lage Deutschlands ist ernst. Die Lage derer, denen dies bewusst ist, umso ernster. Verzweiflung und Wut wechseln sich ab und angesichts der sich überschlagenden Ereignisse verliert manch einer leicht den Blick für das Ganze. Folgend sollen nun einige ernste Ermahnungen an diejenigen erfolgen, die sich in dieser Stunde der Not gegen die herrschenden Verhältnisse stellen, geäußert in der Hoffnung, die vorhandenen und noch zu erringenden Kräfte nicht unnötig zu schwächen und den so nötigen Widerstand so wirksam wie möglich werden zu lassen. Es ist genug gesagt und geschrieben worden zu Ursachen und Umständen, nun soll etwas gesagt werden zu deren Bewältigung.
1) Innere Haltung und Moral
Um in schwierigen Situationen, wie dieser, bestehen zu können, ohne einerseits den Mut oder andererseits den Verstand zu verlieren, ist es notwendig, über innere Ruhe und die Gewissheit der Legitimität seines Handelns zu verfügen. Beides bedingt sich gegenseitig: Ruhig kann nur der bleiben, der weiß, dass das, was er tut, das Richtige ist. Legitimität – und dabei besonders die ihren Fortbestand sichernde Verhältnismäßigkeit – bewahren kann nur der, der angesichts sich zuspitzender Verhältnisse ruhig zu bleiben vermag.
Ruhe zu erlangen und zu bewahren ist von unschätzbarem Wert. Den klaren Gedanken, den die erfolgreiche Tat voraussetzt, ist man zu (durch-)denken nur im Stande, wenn Ablenkungen und emotionale Erregung in ihren Wirkungen beherrscht werden. Diesen Zustand erreichen unterschiedliche Menschen über unterschiedliche Methoden: Dem einen verhilft ein Spaziergang in der Natur oder körperliche Ertüchtigung, dem anderen das Gebet oder die Meditation dazu. Wieder anderen das bewusste Anhören von Musik oder die Lektüre von Texten mit individueller Bedeutung. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf religiöse und philosophische Schriften verwiesen, derer das Abendland reichlich hervorgebracht hat und so vielen vor uns bereits Mut und Trost in schwerer Stunde gespendet haben. Dies sind bloße Beispiele für die vielfältigen Arten und Weisen, auf denen eine innere Balance hergestellt und beibehalten werden kann. Der Einzelne wird entweder selbst wissen, was bei ihm diesen Zustand herbeiführt oder dies herausfinden müssen. Auf jeden Fall ist dafür Sorge zu tragen, dass der Zustand innerer Ruhe zur persönlichen Priorität gemacht wird.
Nur aus der eigenen Ruhe heraus, ist es möglich, dem Gegner effektiv zu begegnen, ihn zu schwächen und zurückzudrängen. Jede unüberlegte Aktion, jede verzweifelte Stunde vor der täglichen Propaganda-Schwemme wirft einen zurück. Das eine durch die verheerenden Konsequenzen, die derlei mit sich bringen kann, das andere durch die verlorengegangene Zeit und Ruhe, die dies zur Folge hat.
Die historische Situation ist eindeutig: Der Widerstandsfall nach GG Art. 20 Abs. 4 ist eingetreten. Unsere öffentliche Ordnung, unsere (Rechts-)Staatlichkeit und innere Sicherheit sind fundamental gefährdet. Die Legitimität von Widerstand ist daher ebenso eindeutig, wie die Situation, die diese begründet. Unsere Regierung schadet unserem Land und unserem Volk– andere Abhilfe als oppositioneller Widerstand ist derzeit nicht möglich. Gleichzeitig ist jede Anwendung von Recht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den jede Situation erfordert, gebunden. Das Recht auf Widerstand in unserer jetzigen Situation rechtfertigt zivilen Ungehorsam, keine Gewalt. (Auf der Sommerakademie des IfS hat der Staatsrechtler Prof. Schachtschneider ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen!) Patriotische Kräfte, die sich diesem systematischen Rechtsbruch entgegenstellen und versuchen, diesen alsbald zu beenden, können und sollten sich dabei auf das Grundgesetz berufen.
Legitimität ergibt sich allerdings nicht nur aus dem konkreten Recht, sondern ebenso aus unserer Geschichte, als Deutsche in Deutschland. In der jetzigen Situation sei insbesondere an die Akteure der Weißen Rose als historische Vorbilder erinnert. Aus ihrem Opfer für Deutschland ist Kraft zu schöpfen. Nicht nur durch den exemplarischen Mut, den diese Widerständigen bewiesen, sondern gleichfalls durch die historische Kontinuität, die uns heute mit ihnen verbindet, ist die Legitimität von Widerstand offenbar: Deutschland, das Land der Deutschen, die den Souverän dieser Republik bilden, ist in Gefahr. Als es das letzte Mal durch eine Tyrannis in Gefahr war, mussten sich die Wenigen ebenso gegen die Vielen erheben. Auch zuvor sind die Deutschen schon oft vor bittere Herausforderungen gestellt worden. Kraft geschöpft hat man dabei stets aus den Überlieferungen vorangegangener Kämpfe und den Opfern unserer Vorfahren. Auch diesmal dürfen wir diesen Einfluss nicht übersehen. Nur aus ihm kann die notwendige Gewissheit der Richtigkeit des eigenen Handelns abgeleitet werden, die uns die notwendige Ruhe und Entschlossenheit geben, das zu tun, was nötig ist.
2) Strategische und taktische Klugheit
Gedankenloses Handeln ist schädlich. Zu stark der Feind, um vorhandene Kräfte unnötig in ausweglose Situationen zu bringen. Die Lektüre strategischer Leitfäden ist eine unschätzbare Hilfe dabei, den Blick für das Notwendige zu schärfen. Unzählige dieser zumeist klassischen und weitgehend zeitlosen Werke sind problemlos im Buchhandel oder gemeinfrei über das Internet zu beziehen. (Beispielhaft sei dabei auf Sun Tzus Kunst des Krieges verwiesen, welches selbst für denjenigen mit knappen zeitlichen Ressourcen einen Gewinn darstellen wird und aufgrund seiner Kürze auch problemlos mit sich geführt werden kann.)
3) Voraussicht und Standhaftigkeit
Der Feind ist stark. Eine Verschärfung der Situation ist zu erwarten. Diese darf nicht überraschen; man muss davon ausgehen. Die Dynamik der Auseinandersetzung macht dies unausweichlich, weshalb gleichzeitig die eigene widerständige Haltung zu sichern ist. Wer weiß, dass ein Unwetter naht und daher nicht davon überrascht sein wird, kann nicht durch sein Aufziehen gelähmt werden und bewahrt sich die Flexibilität, die nötig ist, in ihm zu bestehen. Bloß ist es nun an der Zeit, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass dieses Unwetter tatsächlich heraufzieht und sich so bald auch nicht wieder auflösen wird.
Gleichzeitig darf die Schamlosigkeit und Rücksichtslosigkeit, mit der der Gegner seine Angriffe führt, Verwunderung hervorrufen. Wir wissen um die moralische Degeneration der Feinde Deutschlands, um ihre feigen und hinterhältigen Methoden; nun ist es an der Zeit, sich dieses Wissen im Alltag bewusst zu machen, um nicht unvorbereitet getroffen zu werden.
4) Perspektive und Abstand
Die psychologische Kriegsführung des Gegners, vermittels massenmedialer Propaganda, vornehmlich der emotionalen Erpressung, des „Nudgings“ und der Lancierung von immer neuen Kampfvokabeln, versucht (und dies bisweilen erfolgreich) Verwirrung und Verunsicherung im Volk zu stiften. Dies muss genauestens beobachtet und analysiert werden, doch muss dabei stets diese Zielvorgabe den Vorrang haben. Zu schnell erliegt man der lähmenden Wirkung der scheinbaren Front, der man sich gegenüber sieht. Diese Auswirkungen sind bereits offenkundig zu beobachten.
Als Aktivisten obliegt uns die Pflicht, sichtbar zu werden: Im Alltag, auf der Straße und wo wir es für sinnvoll erachten. Andere kümmern sich um die Beobachtung der Medien. Aufgabenteilung ist das Gebot der Stunde. Die Nutzung der verfügbaren Ressourcen da, wo sie gebraucht werden, nötiger denn je.
5) Zusammenhalt und Unterstützung
Die Situation in der wir uns befinden ist bislang einzigartig. Sie hat keinen historischen Vorläufer. Auch sind wir nicht, wie noch andere Generationen vor uns auf vergleichbare Notlagen vorbereitet worden. Ohnmacht und Resignation, Verzweiflung und Panik sind Gemütsregungen, mit denen wir umzugehen lernen haben werden. Ihr Auftreten ist keine Schwäche, sondern die natürliche Antwort auf die Konfrontation mit einer Situation, zu deren Bewältigung einem keine ausreichenden Mittel an die Hand gegeben wurden. Gegenseitige Unterstützung, vor allem durch leitende Aktivisten und Vertrauenspersonen ist dabei geboten, das gegenseitige Achtgeben aufeinander fundamental. Helden werden nicht aus Stahl gegossen, sondern vom Schicksal aus dem Stein geschlagen. Diese Schlacht gewinnt kein Einzelner. Nur zusammen wird die Abwendung des Schlimmsten möglich sein.
6) Amor fati
Die Liebe des Schicksals, die Annahme der einem gestellten Aufgabe unter gleichzeitiger Ausschaltung des inneren Ringens mit ihr, ist die stärkste Waffe, die wir haben. Wir zaudern nicht, wir verzagen nicht; wir nehmen an, was vor uns liegt: Unser Land, unser Volk, unsere Kultur und Tradition gegen die existentiellen Angriffe zu verteidigen, denen sie derzeit ausgesetzt sind. Wir haben uns dieses Schicksal nicht ausgesucht. Wohl es sich aber uns. Erweisen wir uns als würdig.
Schließ Aug und Ohr für eine Weil
Vor dem Getös der Zeit,
Du heilst es nicht und hast kein Heil
Als wo dein Herz sich weiht.
Dein Amt ist hüten, harren, sehn
Im Tag die Ewigkeit.
Du bist schon so im Weltgeschehn
Befangen und befreit.
Die Stunde kommt, da man dich braucht.
Dann sei du ganz bereit
Und in das Feuer, das verraucht,
Wirf dich als letztes Scheit.
– Friedrich Gundolf
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog www.kontrakultur.de, welcher mittlerweile nicht mehr existiert.