Deutungshoheiten über den Volksbegriff
Was viele Beobachter befürchteten, ist nun vor wenigen Wochen vor dem Verwaltungsgericht in Köln eingetreten. Nach langem Streit über einstweilige Rechtsschutzverfahren darf die AfD jetzt auch durch ein Urteil vom Verfassungsschutz als „rechtsextremer Verdachtsfall“ beobachtet werden. Dieses Urteil kam nicht überraschend, so markiert es doch die Finalisierung einer längerfristigen Beobachtungskampagne des Verfassungsschutzes gegenüber patriotischen Akteuren, wonach die Identitäre Bewegung 2016 nur ihren Anfang nahm. Die AfD gibt an, Rechtsmittel gegen dieses Urteil einzulegen und in Berufung zu gehen.
Interessant sind jedoch nicht Spekulationen über mögliche Rechtsbeugung und die Okkupation des Linksstaates gegenüber den Sicherheitsbehörden, sondern die inhaltlichen und weltanschaulichen Implikationen. Wie auch bei der Identitären Bewegung und anderen patriotischen Akteuren gilt das Verständnis eines ethnokulturellen Volksbegriffes als zentrales Kriterium für den Nachweis der Verfassungsfeindlichkeit jeglicher patriotischer Akteure. Als Universalwaffe nimmt sich der VS den Artikel 1 des Grundgesetzes (Menschenwürde) zur Hand und kann damit in einer vagen Unbestimmtheit auf sämtliche migrationskritische und identitätspolitische Positionen feuern, sofern damit auch die Forderung nach dem Erhalt der ethnokulturellen Identität verbunden ist.
Die AfD Führung zeigte sich von dem Urteil überrascht. Man vertraute den vermeintlich fairen Mechanismen des Rechtsstaates und sah möglicherweise in den Anschuldigungen des VS lediglich ein großes Missverständnis. Dies verdeutlicht den großen weltanschaulichen Blindfleck innerhalb des patriotischen Lagers. Sowohl die Verfahren der Identitären Bewegung als auch der Jungen Alternative haben gezeigt, dass die künftigen Beobachtungsmaßstäbe des VS gegenüber patriotischen Akteuren zentral an der Frage eines ethnokulturellen Volksbegriffes angelegt werden. Doch bisweilen fehlen bei manchen Akteuren die offensiven Gegenpositionen. Über viele Jahre wurden sämtliche intellektuelle und akademische Debatten über den Volksbegriff vermieden und schwankten zwischen einer binären Denkweise von verkürzendem Biologismus und dekonstruierender linker Beliebigkeit. Fragen nach Zugehörigkeit, Identität und Kultur wurden durch oberflächliche Debatten über die ökonomischen und sicherheitspolitischen Folgen der Masseneinwanderung gelegt. Über die Grundlage und Substanz des politischen Subjektes (das Volk) für solche Debatten, wurde jedoch nicht gesprochen.
Doch durch Wegblicken von einem Problem wird dieses nicht gelöst. Stattdessen hat das linksliberale Establishment die Deutungshoheit über den Volksbegriff erlangt und hat die diskursiven Verhandlungsräume so weit verengt, dass jede Vorstellung von Exklusivität, Abgrenzung und Begrenzung und historischer Kontinuität als Verstoß gegen die Menschenwürde gewertet werden kann. Volk ist demnach nur noch eine abstrakt addierte Summe von Staatsbürgern auf einem zufälligen territorialen Gebiet. Dieses Denken ist ursächlich dafür, dass der Staat nicht mehr bereit ist, restriktive politische Steuerungsinstrumente zur Begrenzung der Einwanderung einzuführen. Auch die fehlende Bereitschaft zur Etablierung einer Leitkultur und härteren Anforderungen an die Integration und schlussendlich auch Assimilation von Zuwanderern sowie die mangelnde Konsequenz zur Rechtsdurchsetzung von Abschiebungen sind von einer ideologischen Vorstellung geprägt, die das Volk nur noch als beliebig austauschbare Verfügungsmasse betrachten. Alle tagespolitischen Debatten zu diesen Themen sind immer nur abgeleitet von den metapolitischen Paradigmen, die innerhalb der Gesellschaft gerade dominant sind. Dadurch ist die katastrophale Politik der etablierten Parteien kein Zufall, kein Irrglaube oder ein Missverständnis, sondern immer schon konsequente Fortführung und Produkt der jeweiligen weltanschaulichen Deutungskämpfe und der hegemonialen Machtverteilung. Das patriotische Lager muss diese Fragen zu Volk, Zugehörigkeit, Herkunft und Identität jetzt grundsätzlich klären und inhaltlich aufrüsten.
Wir wollen diesen Diskurs beleben und Impulse setzen und werden daher in den kommenden Wochen eine größere Infokampagne starten, die sich mit den Fragen von Volk, Kultur und Identität intensiver auseinandersetzt und dabei die patriotisch-rechte Sicht weltanschaulich schlagkräftig macht. Es geht darum eine längst vergessene Debatte in Deutschland wiederzubeleben und alternative Sichtweisen in den Blick zu nehmen und diskursiv aufzurüsten.